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Es werden Posts vom November, 2023 angezeigt.
Die Nordmanntannensaga Jetzt hat sie ihren großen Auftritt. Von draußen, vom Walde kommt sie reingeschneit. Vom Walde, wo das Heer steht, Baum an Baum. Da beginnt die Nordmannfahrt. Der schrille Schrei der sagenhaften Sägen Stihl, Husqvarna treibt sie auf den Markt. Stammeskulturen werden Opfer, das ist ihr Schicksal, darein fügt sie sich, die Nordmanntanne, mit ruhig festem Tritt. Es klingt ein Lied in diesem Namen. Nicht bloß, daß Wildgänse durch die Nacht nach Norden rauschen... wer mag das wohl noch singen, Shakira etwa? Die Herzbuben vielleicht. Es steckt sakraler Klang in diesen Namen. Herzbube. Nordmann. Und Curd Jürgens, ja, der Normannische Kleiderschrank! Ach, eine Wehmut steckt darin. Es raunt. Es runkelt. Volkhaft. Wehrhaft. Und dieser Klang, Nordmanntanne - ist es nicht der Klang der Nordkurve im Stadion der großen, großen Zahl? Klang der Emporen. Der Fanfaren. Die Nordmanntanne begeistert uns Weihnachtsbarden mit ihrem Spiel. Es ist ein Angriffsspiel, es geht um d...
Musikgeschichten (1) Stenka Rasin Die Don-Kosaken waren gekommen, ein kriegerischer Haufen. Ich glaube, es waren ausschließlich Männer, Kosakinnen gab's keine zu bestaunen. Mannhaft lagerten die Don-Kosaken auf dem Sportplatz an der Bismarcksäule. Wie Prinz Eugen, der Edle Ritter, im Kampf gegen die Türken lagert. In dem Lied von Theodor Fontane. Zelte, Posten, Wer-da-Rufer // Lust'ge Nacht am Donau-Ufer. Donau, Don, Donbass - Richtung Südost, weit hinter dem Eisernen Vorhang. Sie lagerten, ringsum war alles Lüdenscheid und Sauerland. Ihre Pferde hatten sie angepflockt. Das Schnauben war Musik in meinen Ohren. Der Geruch versprach Zirkus. Am nächsten Nachmittag zeigten sie Reiterkunststücke, ich war dabei, schaute zu. Als es dämmerte, traten sie zum Singen an. Reitstiefel, schmissige Feldhamsterhosen, Arme vor der Brust verschränkt. Das war der berühmte Donkosakenchor, geleitet von dem kleinen krummbeinigen Mann, dessen Namen ich vergessen habe. Seine Dirigentengesten aber n...
Heldengedenktag II JFK Ja, und dann hammse ihn erschossen. Also jetzt nicht den Strampler, Heinz Helfgen, nein, den bummsfidelen JFK. Erschossen. Vor genau sechzig Jahren. Die Schockwellen ergriffen auch unsere Klasse in der friedlichen Albert-Schweitzer-Schule, oben an der Bismarck-Säule, am Ende der Kaiseralle. Man wurde damals erst mit einundzwanzig vollmundig. Stellung beziehen, so wie es heute Schülerinnen, Schüler ganz cool, ganz telegen vor Mikrofonen tun, konnte damals niemand von uns, nicht mal stottern. Die Mädchen schluchzten, naja, nicht so dramatisch, doch ich glaubte es vernehmen zu sollen. Wir Jungen setzten die betretene Miene auf, das konnten wir schon. Der Erdkundelehrer half, die Lage zu erklären. Bei Heinz Helfgen hatte ich einen ersten eigenen Blick ins Globale geworfen, ich wusste daher, wie gemein Räuber, Tiger, Kommunisten sein konnten. So war's, ein durchgeknallter Kommunist hatte JFK ermordet, das stand bald fest. Da war was mit Kuba, Fidel Castro, mit Ma...
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Ich radle um die Welt Heute ist Heldengedenktag. Basta! Volkstrauertag ist mir zu fade, ich gedenke der Helden meiner Kinder- und Jugendzeit. Eine davon war Heinz Helfgend. Tante Brundhilde hatte mir zur Konfirmation beide Bände von "Ich radle um die Welt" geschenkt. Das war 1961. John F. Kennedy war Präsident der USA und Führer der Freien Welt. Ein stinkreicher Beau, der Papi hatte ihm das Weiße Haus gekauft. Fleißiger Stecher, die Mädchen in der Schulklasse himmelten ihn an. Mir war er ganz schön schnuppe, mir gefiel dieser Heinz Helfgen.  Der war am 3. September 1951 mit 3 Mark 80 in der Tasche von Düsseldorf losgeradelt, hatte gerade nichts anderes zu tun, also rheinaufwärts, über die Alpen nach Jugoslawien, in die Türkei, nach Syrien, Persien. Alle Wetter, Räuber, Hindernisse, Pannen, immer weiter Richtung Fernost.  Ich radelte mit, wurde zum Globetrotter wie er. Ich war bis dahin nur durchs Volmetal geradelt, immerhin, Lister-, Ihne-, Lennetal, die Talsperren, auch ma...
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Heldengedenktag Wir treffen uns am Denkmal für den Gefallenen!
Schlachtenbummler Eine Woche später stand ich aufrecht wie der Homo Sapiens und mit beiden Beinen fest auf dem Boden schrecklicher Tatsachen. Unter mir das Schlachtfeld von Khe San. Die Erde bebte noch und zitterte, sie war vermint bis zum Horizont, man durfte das Feld nur mit zwei Führern betreten, einer vorweg, einer hintendran. Und weiche keinen Finger breit von deinem Wege ab! So summte ich die alte Weise von Treu & Redlichkeit vor mich hin. Jedes Abweichen hätte Wumm bedeuten können, Wumm, du bist hin, oder hast ein Bein ab, das ist schrecklich. Doch so sind die Menschen: immer dafür zu haben, dir das Licht auszupusten oder dir was abzuzwacken. Und wenn du so ein Bein abhast, dann bist du immer noch kein Vietnam-Veteran, nur ein Depp. Der Boden schrecklicher Tatsachen. Dahin also führt der aufrechte Gang. Ich stand in Sinnen und schaute von oben hinab auf ein Plateau, groß wie zwei Fußballfelder, grün wie ein Rasen, da hatten die Amis im Krieg ihr Lager, und dann war der G...
Tunnelblick Zu Beginn der 1990er Jahre war ich drei, vier Wochen auf dem Ho Chi Minh Pfad in Vietnam unterwegs. Es ist ein alter Kriegspfad, hnd er reicht zurück in meine Jungsteinzeit. Als ich noch ein aufgebrachter Freiheitskämpfer war und auf Sieg im Volkskrieg setzte. Das war die Parole. Sieg im Volkskrieg, mit dem aufgebrachten Zeichen einer Manifestation hintendran. Zwanzig Jahre später war ich da. Und da bin ich in die Tunnel von Cu Chi gestiegen, draußen im Umland von Saigon. Die Tunnel waren Kriegstunnel, ein ausgeklügeltes System, weitläufig, doch eben nicht läufig, sondern kriecherisch, affig, eher ein Käfig als ein Stück Freiheit. Auf allen Vieren jedenfalls, anders ging's da nicht voran. Höllische Kriecherei. Als ich reingestiegen war, gab's kein Zurück mehr, ich musste immer weiter vorwärts kriechen. Ich kroch hinter ein paar Japsen her. Und die krochen hinter einem Vorkriecher her. Der Vorkriecher hatte den Tunnelblick. Das muss wohl der Durchblick gewesen se...
Krieg und Verdruss Das Humanitäre folgt dem Krieg auf dem Fuße. Wer einen Feldstecher nimmt und genau hinschaut, sieht, daß das Humanitäre der Kriegsfuß ist, auf dem sie alle miteinander stehen, die Kriegsparteien und der Tross, den sie hinter sich herziehen. Kriegsparteien ziehen Tross hinter sich her, das war schon immer so. Tross - das sind die Hilfsorganisationen. Sie bilden einen Konvoi. Früher zogen sie den Karren noch selbst durch den Dreck, heute tun es Trucker und Trucker Babes für sie. Der Hilfsgütermarkt ist heiß und umstritten. Unumstritten ist er nie. Unumstritten ist nur, daß er dazugehört. Allen voran in diese Konvoi: die UN. Sie kutschieren das Humanitäre als Summe nebeneinander aufgehängter Nationalfahnen. Dafür müssen sie auch noch Blutzoll entrichten. Tross - das sind die Marketender und die Marketenderinnen. Sie wittern das Geschäft mit dem Humanitären. Sie vertreten Interessen, am liebsten ihre eigenen. Sie sprechen einem lukrativen Frieden das Wort. Sie führen ...

Megiddo im Schwarzatal

  Als ich an diesem Samstag aus dem Wirtshaus kam, war ich ganz kregel. Der Birnengeist war mir zu Kopf gestiegen, ich spürte nicht übel Lust, zu händeln, einen Schwinger zu landen, einen sogenannten Erstschlag. Weiter vorne eierte ein Kerl durch die Landschaft, er ging am Stock wie ich, aber auf O-Beinen, das nahm ich ihm krumm. Dazu trug er eine Pumphose mit Gummizug am Saum.  Gummizug, Pumphose, Pumpgun!  Schon war mein Mütchen erhitzt von allerlei Ab- und Zuneigung.     Also hinterher. Doch ich konnte den Kerl nicht einholen. Auch triefte mir oder troff mit einem Mal die Nase, ich musste innehalten, schneuzen. Meine Bodenoffensive geriet ins Stocken, und dann - war die Luft raus. Da kamen auch schon die anderen aus dem Wirtshaus, drückten mir den Schwingerarm engültig runter. Schade eigentlich...     Ich hatte nämlich an dem Samstag davor um Mitternacht das Wort zum Sonntag gesehen und zum Bild den Ton angedreht. Leichtsinnigerweise. Die Pfarrerin ...